Wie hören wir eigentlich Musik? Die Entwicklung der Musikwiedergabe von ihrem Beginn bis heute

Musik begleitet die Menschheit bereits seit Anbeginn der Zeit. Doch zwischen dem ersten getrommelten Rhythmus, über die Einführung einer universellen Musiknotation, bis zur ersten Tonaufnahme 1860 durch Édouard-Léon Scott de Martinvilles Phonautograph lag ein langer Weg. Auf diesem waren Technologie und Musik stets eng miteinander verknüpft und sind noch bis heute unmöglich voneinander zu trennen. Wie hat sich die Art und Weise, wie wir Musik konsumieren, über die Jahrhunderte bis heute verändert?

Alles beginnt mit Thomas Alva Edisons Erfindung, welche später als Phonograph bekannt werden sollte. Diese ermöglichte es um 1877 ein akustisches Ereignis aufzunehmen und erstmalig auch wiederzugeben. Obwohl der Phonograph von Edisons Seite nie für die Wiedergabe von Musik ausgelegt war, geschweige denn in dieser Hinsicht kommerziellen Erfolg erfahren sollte, legte er mit seiner Erfindung dennoch den Grundstein des heutigen Musikhörens. Der Phonograph erlaubte es Musikaufnahmen erstmals geteilt sowie verkauft zu werden. Allerdings machte erst Emil Berliners 1887 eingereichtes Patent des Grammophons und der Schallplatte dank ihrer praktikableren Konstruktionsweise den Musikgenuss einer breiteren Masse zugänglich. Wurde die Musik bei Edison Phonographen noch über einen Wachszylinder abgespielt, nutze Berliner stattdessen eine flache Scheibe, welche allerdings lediglich das Abspielen von Klängen (in einem vergleichsweise kleinen Spektrum) ermöglichte. Der Formfaktor verbesserte zudem die Reproduzierbarkeit. Anstatt einzeln bespielt werden zu müssen, konnten Berliners Schallplatten mittels als Matrizen bezeichneter Zinkplatten einfacher denn je vervielfältigt werden.

Die ursprünglich aus Schellack hergestellten Tonträger dominierten fast 60 Jahre den Markt, bis sie schließlich nach und nach durch Langspielplatten aus Kunststoff auf Vinylbasis ersetzt wurden. 1948 stellte der Physiker Peter Carl Goldmark seine Erfindung die „LP“ („Long Playing“ Record) mit einem Durchmesser von 30 cm mit 33 1/3 Umdrehungen pro Minute und einer Spieldauer der Öffentlichkeit vor. Mit einer deutlich längeren Spieldauer von 23 Minuten pro Seite sowie ihrer höheren Widerstandsfähigkeit verfügte die LP über entscheidende Vorteile gegenüber der Schellackplatte. Die New Yorker Radio Corporation of America (RCA) stellte der LP 1949 schließlich die Single mit 45 Umdrehungen pro Minute und 16 cm Durchmesser zur Seite. Als Gütesiegel für außerordentlichen Klang galt bereits zu dieser Zeit die Bezeichnung „HiFi“, welche Platten mit einem breiten Frequenzbereich, also einer höheren Wiedergabegenauigkeit vorbehalten war. Vinyl Schallplatten sollten zunächst das vorherrschende Medium über den Verlauf des 20. Jahrhunderts bleiben.

Radio für Alle

Die erste Ausstrahlung einer Radioübertragung 1895 bestand aus Morsecode. Erste Experimente mit der Übertragung von gesprochenen Inhalten sowie Musik fanden bereits 1905 statt. Den kommerziellen Durchbruch erfuhr das Radioformat im Laufe der Zwanziger Jahre. Bis 1950 besaßen die meisten Haushalte ein Radiogerät, wobei die meisten Inhalte noch von der Regierung betrieben wurden. In den 60ern erschienen die ersten Transistorradios auf dem Markt. Diese Erfindung eröffnete völlig neue Möglichkeiten, da nun das Hören von Musik nicht nur auf die eigenen vier Wände limitiert war, sondern Musik nun auch für eine größere Hörerschaft zugänglich gemacht wurde.

Tonband und Kassetten: eine besondere Form der Anziehungskraft

Um 1898 befand sich die nächste Form der Audiotechnologie in ihren Kinderschuhen. Die Erfindung des Physikers Valdemar Poulsen der „Telegraphon“ sollte die Grundlage des Magnettonverfahrens bilden. Bei diesem Verfahren funktionierte die Aufnahme und Wiedergabe von Schallereignissen zunächst auf der Grundlage von magnetisierbaren Stahldrähten und später magnetisierbarem Papierband als Tonträger. Diese durch Fritz Pfleumer revolutionierte bandförmige Technologie fand insbesondere bei Diktiergeräten und automatischen Anrufbeantwortern Verwendung. Schließlich erfuhr dieses Verfahren 1935 in Form des Magnetophon K1 – dem ersten Tonbandgerät der Welt, eine Neuentwicklung in Richtung des Musikkonsums. Dieses war allerdings mit knapp 100 kg noch etwas schwer und unhandlich für den Heimgebrauch. Das erste, echte Heimtonbandgerät in Europa, das Magnetophon KL 15, wurde von der AEG 1951 vorgestellt und kam im Jahr 1952 auf den Markt.

Die erste Tonkassette mit passendem Rekorder präsentierte der niederländische Konzern Philips 1963 auf der Internationalen Funkausstellung in Berlin. Philips forderte keine Lizenzgebühren, wodurch sich diese Technik auch bald weltweit durchsetzen konnte. Zwei Jahre später kamen bereits die ersten Musikkassetten auf den Markt. Mal abgesehen beispielsweise vom Decca Portable Plattenspieler, machten Kassetten das Musikhören erst richtig mobil. Ein weiterer Vorteil der Kassette war auch der Umstand, dass sie sich problemlos selbst bespielen ließen und sich so eigens kuratierte Mixtapes erstellen ließen. Gerade die Autoindustrie erkannte das Potential und schnell fanden sich in vielen Automodellen auch Kassettenplayer, was nur zu ihrem Erfolg beitrug. Dieser und ihre Mobilität sollte im Frühjahr 1979 durch den japanischen Hersteller Sony weiter vergrößert werden. Der Walkman war geboren. Das Modell TPS L2 war der erste kleine, tragbare Kassettenrekorder und kam mit leichten Kopfhörern. Die Lieblingsmusik konnte nun von überall gehört werden. Ihre größte Popularität erfuhr die Kassette wohl zwischen 1970 und 1990. 1983 überholte die Kassette das zuvor verkaufsstärkste Medium Vinyl zum ersten Mal. Doch auch die Kassette sollte erfahren, was jedem Medium auf dem bisherigen Weg widerfahren war: Dass Technologie nie stehen bleibt.

Digitalschallplatte?

Digitale Audioaufnahmen existieren zwar bereits seit den 60er Jahren, die in Kollaboration zwischen Sony und Phillips entwickelte Compact Disc (CD) erschien jedoch erst 1979 und vereinte sämtliche Vorteile des Digitalen. Sie kombinierte bessere Tonqualität bei geringerem Platzbedarf. Dank der Implementierung von CD-Spielern durch Autohersteller in Autos sowie den 1985 präsentierten, ersten tragbaren CD-Player, eignete sie sich ebenfalls zum mobilen Genuss von Audioinhalten. Viel Hersteller setzten heute noch auf das digitale Medium CD. Kürzlich stellten wir Hegels Mohican (den letzten seiner Art) vor, aber auch Hersteller wie Cambridge Audio führen CD-Spieler in ihrem Sortiment. Die Audioqualität von 44,100 kHz bei 16 Bit stellt bis heute den branchenüblichen Standard dar. Wem diese Qualität jedoch nicht genügen sollte, seien SACD ans Herz gelegt, welche klanglich qualitativ deutlich mehr zu bieten haben. CDs haben also auch heute noch durchaus ihren Platz im HiFi-Spektrum.

Das Vinyl ist zurück

In den 80ern nahezu durch die Kassette und die CD verdrängt, erfährt das Medium der Schallplatten in den letzten Jahren ein nicht zu vernachlässigendes Revival. Im letzten Jahr überholte die Schallplatte die CD das erste Mal seit knapp 40 Jahren in Verkäufen. Kein Wunder also, dass nahezu in Vergessenheit geratene Hersteller plötzlich wieder auf der Bildfläche auftauchen. Renommierte Plattenspieler-Hersteller wie beispielweise die Schweizer Thorens brachten in den letzten Jahren technisch aufgefrischte Klassiker im Look der 70er auf den Markt.

Musik im digitalen Zeitalter

Die digitale Revolution veränderte nicht nur wie wir Musik hören, sondern stellte nach 1999, ihrem umsatzstärksten Jahr, auch die Musikindustrie völlig auf den Kopf. Die Entwicklung des Internets ermöglichte neue Wege zur Verbreitung und des Zugangs zu Musik. Dieser Umstand war nicht zuletzt auch für Datenpiraten geeignetes Fahrwasser. Was im kleinen Stile durch das Medium Kassette ermöglicht wurde, konnte nun dank der Infrastrukturen des Internets in großem Stile durchgeführt werden. Filesharing-Seiten wie Napster brachten das goldene Zeitalter der Musikindustrie gefährlich ins Schwanken. Ermöglicht wurde dieser Umstand erst durch das bereits ab 1982 von einer Forschungsgruppe am Fraunhofer-Institut entwickelte Kompressionsverfahren MP3. Dieses ermöglicht es, die Datengröße von Audiodaten bei kaum merklichem Qualitätsverlust zu verringern, indem kaum wahrnehmbare Signalanteile entnommen werden. Diese speicherarmen Datenpakete konnten nun mittels eines sogenannten MP3-Players wiedergegeben werden. Sie waren noch einmal portabler als ihre Vorgänger Walkman oder Discman und der Zugang zu Musik dank Napster zudem einfacher als je zuvor.

Mit der Einführung des iPods, Apples eigener Version eines MP3-Players, war es schließlich Steve Jobs, der in Form von iTunes 2003 erneut Gleichgewicht in die Branche brachte. Songs konnten jetzt einzeln in digitaler Form erworben werden. Zudem lieferte iTunes auch Möglichkeiten zur Organisation der Musik und setzte auf diesem Gebiet Maßstäbe.

In den folgenden Jahren entwickelten sich nach und nach abonnementbasierte Modelle mit limitierten Musikbibliotheken. Internetradiosender wie zum Beispiel Pandora boten ihre Musik mit zwischengeschalteten Werbeblöcken über das Internet zum Hören an. Seit 2011 hat sich der schwedische Streaminganbieter Spotify zur dominantesten Macht im Musikbusiness entwickelt. Davon kann man zunächst halten was man will, jedoch haben sie die Branche in jeder Hinsicht nachhaltig umgekrempelt. Anstatt dass wir unsere Musik erwerben, zahlen wir einen monatlichen Betrag oder hören Werbung. Zum Thema Streaming haben wir vor einiger Zeit bereits einen Beitrag veröffentlicht, in dem wir auf das Thema genauer zu sprechen kommen. Neben Spotify gibt es eine große Anzahl von anderen Streaminganbietern mit alternativen Modellen.

Netzwerk-Streaming

Wie unser Kollege Daniel es so treffend formulierte, geht der aktuelle Trend zur Platte (Fest- und Vinyl). Im letzten Jahr haben wir schon den einen oder andere Verstärker mit Netzwerkfunktion in unser Sortiment aufgenommen und in unserem Blog vorgestellt. Immer mehr Hersteller sehen diesen Trend zurück zur eigenen unabhängigen Musikbibliothek und konfigurieren ihre Geräte dementsprechend. Wir gehen davon aus, dass sich dies auch in diesem Jahr verstärkt abzeichnen wird und aus diesem Grund ist bereits ein Artikel geplant, in welchem wir die Nutzungsweise von DLNA und Co. vorstellen wollen.

Der Zugang zu Musik, insbesondere neuer Musik, ist in den letzten Jahren ungemein einfacher geworden. Auf der anderen Seite wächst damit aber auch unsere Verantwortung als Konsumenten gegenüber den Musikschaffenden. Wir sollten uns zunehmend fragen, was uns das Medium Musik wert ist und ob Spotifys Monopolstellung eventuell auch Schattenseiten besitzt. So oder so bleibt es spannend, wohin sich die Technologie und damit einhergehend die Musikindustrie in den kommenden Jahren entwickeln wird. Eins bleibt sicher: Wir bei HiFi im Hinterhof stehen Ihnen auch weiterhin – allen Hindernissen zu Trotz – mit Rat und Tat zur Seite.



2 Antworten auf „Wie hören wir eigentlich Musik? Die Entwicklung der Musikwiedergabe von ihrem Beginn bis heute“

  1. Kühne, Giesbert am

    Leider gibt es in diesem historischen Exkurs einige Fehler und Geschichtslücken ( ich hoffe nicht , dass es eine bewusste Ausblendung von wissenschaftlichen Leistungen ist, die ihren Ursprung in der DDR bzw. den Leistungen der Wissenschaftler finden, die dort arbeiteten).
    Das MP 3 Kompressionsverfahren wurde an der Technischen Hochschule Ilmenau entwickelt ( heute Techn. Universität ). Erst heute bzw. nach der Wende siedelte sich dort das Fraunhofer Institut für Akustik an . Diese entwickelten schon sehr früh, fussend auf dem Erkenntnispotential aus DDR- Zeiten, das modernste Akustikverfahren ( ähnlich dem wie Ihr es für die Sony-Fernseher 25 Jahre später beschreibt) für das Kino. Die Herren Lucas und Spielberg saßen selbst im modernsten Kinosaal in Ilmenau, unternahmen aber alles, ihre Monopolstellung mit ihrem Akkustiksystem in den Kinos und bei den Verleihern zu sichern und die Entwicklung in die nur ihnen genehme Richtung zu zwingen.
    Eine weitere Ergänzung:
    Der Erfinder und Entwickler des Fernsehens (die Braunsche Röhre bzw. Oszillographenröhre zur Fernsehröhre zu entwickeln und überhaupt die Idee, bewegte Bilder und das damit verbundene Schallspecktrum eines Ereignisses gleichzeitig an einem weit entfernten Ort zeitgleich wiederzugeben -was uns die Natur nicht vorgibt-) ist der Baron Manfred von Ardenne, für mich DER grösste deutsche Wissenschaftler ( Erfinder des Elektronenrastermikroskops, dieses Patent wurde ihm gestohlen und 5 Jahre später wurde ein westdeutscher Physiker dafür mit dem Nobelpreis geehrt; leider entwickelte er auch auf der Basis seiner Isotopenforschung die Voraussetzung für den Bau der Wasserstoffbombe für Stalin….oder auch die Ultraschalltechnik zur Zertrümmerung von Nieren- und Gallensteinen oder Techniken zur Krebszellelbekämpfung), der Ihnen nicht bekannt sein dürfte, da diese Leistungen und die Anerkennung
    grandioser Erfindungen seines Institutes in Dresden durch die Bundesrepublik systematisch hintertrieben wurden.
    Ich selbst bin kein Techniker, nur Psychologe und Kenner deutsch-deutscher Geschichte, in Ilmenau aufgewachsen und “ein alter Kunde”. Ich verbeuge mich gern vor den Größen der Musik, Ihr habt einen großen Anteil daran, dass ich das geniessen kann.

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    • Blog am

      Hallo Giesbert Kühne,
      selbstverständlich handelt es sich bei unserem kurzen Überblick um keine „bewusste Ausblendung von wissenschaftlichen Leistungen“. Weder derer, „die ihren Ursprung in der DDR (…) finden“, noch der „Leistungen ihrer Wissenschaftler“. Unser Versuch war es lediglich mit einem kurzen anregenden Artikel das neue Jahr einzuleiten, an vielen Stellen wären wir am liebsten selbst auf jedes einzelne Detail, dieser spannenden Entwicklungsgeschichte eingegangen, doch hätte dies vermutlich auf kurz oder lang den Rahmen etwas gesprengt. Dennoch danken wir Ihnen für ihre Bemerkungen und Korrekturen. Wir lernen schließlich auch nicht aus und freuen uns immer über Feedback. Ihr HiFi im hinterhof-Team wünscht Ihnen frohen Musikgenuss.

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