Accuphase E-600
Da wir streng alphabetisch vorgehen wollen, ist der erste klingende Name aus unserem Dreiergespann unweigerlich Accuphase. Dass dieser Name in der HiFi-Branche immer wieder ganz weit oben steht, hängt jedoch nicht nur mit dem im Alphabet vorteilhaft gelegenen Anfangsbuchstaben zusammen, sondern vielmehr mit der Reputation des 1972 von Jiro Kasuga in Yokohama gegründeten Unternehmens: Seit Dekaden bedient der Hersteller das gesamte Spektrum kompromisslos hochwertiger High-End Komponenten, das neben getrennten Vor- und Endstufen selbstverständlich auch die hier thematisierten Vollverstärker umfasst. Im letzten Jahr bekam das vorherige Spitzenmodell in dieser Kategorie, der E-560, ein Update spendiert und wurde nach etwa fünf Jahren durch den Accuphase E-600 abgelöst.
Voll und ganz der eigenen Tradition verpflichtet, ziert natürlich auch das aktuelle Modell wieder die klassische champagnerfarbene Front mit dem grün leuchtenden Logo. Die Modifikationen des Designs sind im Vergleich zum Vorgänger überschaubar und betreffen vor allem die VU-Meter, die nun zwei Balkenanzeigen gewichen sind. Ergänzend dazu befindet sich zentral angeordnet die bekannte digitale Segmentanzeige, die sich nahtlos in das Gesamtbild einfügt und von diversen Status-Leuchten zu den einzelnen Betriebsmodi flankiert wird. Neben den beiden Reglern zur Auswahl der Quelle und zur Einstellung der Lautstärke offenbart die Front nur wenige sichtbare Taster, alle weiteren Bedienelemente befinden sich hinter einer Klappe verborgen. Des Weiteren besitzt der E-600 einen integrierten Kopfhörerverstärker – ein Alleinstellungsmerkmal bei den hier gegenübergestellten Modellen. Das rückseitige Anschlussfeld des E-600 ist durchaus üppig ausgestattet, sowohl symmetrische als auch unsymmetrische Ein- und Ausgänge sind für alle Eventualitäten vorhanden. Lediglich einen Phono-Input sowie eine direkte Anbindungsmöglichkeit an die digitale Welt sucht man in der Basisausstattung vergebens. Wie bereits beim Vorgängermodell lassen sich aber sowohl eine Phonovorstufe (AD-30) als auch ein Digital-Analog Modul (DAC-40) per Karte optional nachrüsten. Letzteres ist mit Burr-Brown PCM1796 Wandlern ausgestattet und kann via Coaxial-Kabel, optischer TOSLINK-Verbindung oder USB mit Daten gefüttert werden. Übrigens ist sogar eine Doppelbelegung der Erweiterungs-Slots bei Bedarf möglich. Die finale Leistungsverstärkung der eingehenden Signale übernimmt einmal mehr eine MOS-FET Transistorschaltung in dreifach paralleler Ausführung, die im äußerst verzerrungsarmen Class-A Betrieb gefahren werden kann und in diesem Fall maximal 30 Watt pro Kanal an 8 Ohm (oder 60 Watt pro Kanal an 4 Ohm oder 120 Watt pro Kanal an 2 Ohm) liefert.
Mark Levinson No. 585
Auf der anderen Seite der Erdkugel, genauer gesagt in New Haven im US-Bundesstaat Connecticut, hob ebenfalls im Jahr 1972 der in musikalischer Hinsicht vielseitig begabte Mark Levinson seine Firma Mark Levinson Audio Systems aus der Taufe und begründete damit eine weitere HiFi-Legende. Anders als im Fall Accuphase verlief die Unternehmensgeschichte von Mark Levinson Audio Systems jedoch weniger geradlinig und Mark Levinson verließ nach Querelen mit den involvierten Investoren bereits im Jahr 1984 das Unternehmen. Aufgrund der zum damaligen Zeitpunkt geschlossenen Verträge verblieben sämtliche Namensrechte bei den Miteigentümern, die auch nach Levinsons Ausscheiden weiterhin unter der Marke Mark Levinson produzierten und es tatsächlich vermochten dem gewichtigen Namen des Gründers gerecht zu werden. Bereits seit den 1990er Jahren ist das Unternehmen fester Bestandteil der Harman Luxury Audio Group und nach über vier Jahrzehnten aus der HiFi-Welt kaum mehr wegzudenken. Auf der letztjährigen High-End Messe in München wurde der aktuelle Mark Levinson No. 585 Vollverstärker vorgestellt.
Im Vergleich der sehr klassisch gestalteten Accuphase Front, die eine gewisse Wärme ausstrahlt und relativ viele Elemente und Informationen beinhaltet, wirkt der No. 585 extrem modern, aufgeräumt und eher kühl. Die Anzeige- und die Bedienelemente wurden auf das absolut Wesentliche reduziert. Edel schimmerndes Schwarz überwiegt, unterbrochen durch graue Akzente und die in kräftigem Rot leuchtende Digitalanzeige. Trotz des minimalistischen Ansatzes leidet der Bedienkomfort nicht, die Navigation geht dank der sinnvollen und flachen Menüstruktur schnell von der Hand. Passend zur modernen High-Tech Ästhetik wurde dem Mark Levinson No. 585 eine extrem flexible und durchdachte Digitalschnittstelle spendiert, die über eine Vielzahl von Eingängen verfügt und sowohl PCM- als auch DSD-kodierte Signale (maximal 32 Bit /192 KHz bzw. DSD128) verarbeitet. Darüber hinaus stehen verschiedene Algorithmen und Filtermodi – Clari-Fi für komprimierte Daten sowie drei PCM-Filter – zur Verfügung, um digitale Signale aufzuwerten beziehungsweise deren Klangcharakteristik subtil zu beeinflussen. Als wäre das noch nicht genug, wurde eine ganz Reihe von Schnittstellen zur Fernsteuerung des No. 585 implementiert: Von der klassischen Steuerung per Fernbedienung bis zur netzwerkbasierten Heimautomation ist hier vieles umsetzbar. Der Mark Levinson No. 585 ist als Dual-Mono Verstärker aufgebaut und liefert satte 200 Watt an 8 Ohm, arbeitet allerdings im Gegensatz zum Accuphase E-600 ausschließlich im Class-AB Betrieb.
Musical Fidelity NuVista 800
Als der studierte Musiker Antony Michaelson sich 1982 im britischen Middlesex entschloss seine eigene Version von High Fidelity zu verwirklichen, waren Accuphase und Mark Levinson Audio Systems schon seit einer Dekade am Markt und natürlich waren sie nicht die Einzigen. Dementsprechend erhielt er auch gleich von mehreren Seiten gut gemeinte Ratschläge, der Markt sei gesättigt und sein Vorhaben damit zum Scheitern verurteilt. Anderson beschloss jedoch seinem Instinkt zu vertrauen und dreißig Jahre später lässt sich ohne Umschweife feststellen, dass er damals die richtige Entscheidung getroffen hat. Sein Musical Fidelity getauftes Unternehmen entwickelte sich im Laufe der Zeit zu einem der großen Namen der Branche und kann zudem auf eine ganze Reihe in der Szene bekannt gewordener Klassiker zurückblicken, die der Marke das Vertrauen vieler sensibler Hörer einbrachte. In diese Kategorie könnte zukünftig vielleicht auch einmal der ebenfalls 2014 erschienene Musical Fidelity NuVista 800 fallen – die Wiederauferstehung eines vielversprechenden, aber aufgrund akuter Bauteilknappheit bedauerlicherweise viel zu schnell beendeten Experiments aus der Musical Fidelity Historie.
Bei dem fraglichen Bauteil handelte es sich um die Sockelfassung der bereits Ende der 1990er Jahre in der NuVista Serie verbauten Nuvistor Röhre, einer Variante der klassischen Elektronenröhre mit besonders vorteilhaften Eigenschaften. Der überzeugende Klang der damals streng limitierten Komponenten hinterließ einen so nachhaltigen Eindruck im Team von Musical Fidelity, das dieses in den letzten Jahren versuchte weitere Bestände dieser Fassungen ausfindig zu machen und aufzukaufen. Offenbar waren sie dabei sehr erfolgreich, denn die Nuvistor Röhre wird nun wieder verbaut und formt den Klang in der Vorstufe des NuVista 800. Damit fällt der Musical Fidelity Vollverstärker also in die Kategorie Hybridverstärker und macht auch schon anhand seiner äußeren Erscheinung klar, dass er mit seinen Artverwandten, den Vollröhrenverstärkern, nur bedingt etwas gemeinsam hat. Glaskolben die glühend auf dem Gehäuse thronen sucht man hier ganz und gar vergeblich, stattdessen wurde das Reduktionsprinzip, verpackt im modernen Industrie-Design, auf die Spitze getrieben: Die massive Metallfront beherbergt gerade einmal zwei Regler, zwei unscheinbare Drucktaster, den IR-Sensor für die Fernbedienung und natürlich das (Digital-)display. Im Betrieb strahlt dieses in kräftigem Grün, selbiges gilt für die Unterbodenbeleuchtung (!) des NuVista 800, sein partiell vergittertes Innenleben und natürlich die vier NuVista Röhren, die sich im hinteren Bereich des Gehäuses befinden. Science-Fiction Assoziationen sind bei diesem Verstärker keinesfalls abwegig. Ein Blick auf die Rückseite offenbart, dass die Anschlussmöglichkeiten des NuVista genauso puristisch ausfallen wie die Front bereits erahnen lässt: Pro Kanal ist jeweils ein symmetrischer XLR- Eingang vorhanden, darüber hinaus warten lediglich vier Paar unsymmetrische Cinch-Eingänge auf eingehende Signale. Wie bereits beim Mark Levinson No. 585 ist die Verstärkerschaltung des NuVista 800 nach dem Dual-Mono Prinzip aufgebaut. Die Leistungstransistoren werden im Class-AB Betrieb gefahren und liefern mächtige 300 Watt an 8 Ohm.
Schlussgedanken
Damit wären wir am Ende unseres Überblicks zu unseren drei High End Vollverstärkern angelangt, die sowohl im Hinblick auf den technischen Ansatz als auch in Bezug auf Design und Ausstattung unterschiedlicher kaum sein könnten. Es ist immer wieder spannend zu sehen, wie sehr die verschiedenen Philosophien und Konzepte letztendlich variieren, wenn es darum geht einen kompromisslos guten Verstärker zu bauen. So verschieden Accuphase E-600, Mark Levinson No. 585 und Musical Fidelity NuVista 800 auch sind, alle drei Modelle kommen diesem Ideal jeweils auf ihre eigene Weise sehr nahe.
Hallo ,
seit wann hat der Accuphase E – 600 „ diese herrlichen altmodischen VU – Meter ”
wie du im Text schreibst ?
Ich weiß ja nicht welches Accuphase Modell du getestet hast , aber der
Accuphase E – 600 hat ein neumodernes Balkendiagramm zur Pegelanzeige !!
Noch im Urlaub ?
Gruß
Ralf
Hallo Ralf,
vielen Dank für deinen Hinweis. Du hast natürlich vollkommen recht. Der Vorgänger hatte sie. Daher. Ist korrigiert.
Viele Grüße
Florian
Ich habe den Nuvista und den Accuphase zu Hause an einer B&W 801d getestet.
Fazit:
Der Accuphase ist wieder einmal ein Vollverstärker der für seinen Preis absolut zu wenig Leistung hat. Seit 25 jahren betreibe ich selber nur Accuphase Verstärker (inzwischen 5 Vollverstärker) und nun wechsel ich zu Mark Levinson!
Viele Grüße Ben
Der Mark Levinson ist der absolut beste Vollverstärker den ich je gehört habe und das mit großem Abstand!
Hallo Ben,
vielen Dank für deine Meinung zum Thema!
Grüße aus Berlin
Florian
Hallo
Der Firmenchef von Musical Fidelity heißt Antony Michaelson und nicht Michael Anderson. Sollte man eigentlich wissen.
Grüße
Jürgen
Hallo Jürgen,
da sind offenbar Vor- und Nachname durcheinander geraten. Ist geändert.
Danke für den Hinweis und viele Grüße aus Berlin!
Mein Verstärker, währe der Nu vista 800