Bluetooth und HiFi: Ausblicke und Hoffnungsträger in Bezug auf den Übertragungsstandard

Bluetooth hat mit HiFi, geschweige denn "High End" nichts zu tun? Was sich in dieser Hinsicht bereits geändert hat und in Zukunft ändern soll und was Apple damit zu tun hat – darum soll es in folgendem Artikel gehen. In der Vergangenheit haben wir bereits einen ausführlichen Guide zum Thema Bluetooth auf unserem Blog veröffentlicht. Aus diesem Grund wollen wir uns in diesem Artikel weniger mit den Grundlagen, sondern ergänzend mit einzelnen Neuerungen und verschiedenen Ausblicken in diesem spannenden Feld des Musikgenusses auseinandersetzen.

Zunächst einmal ein paar harte Fakten zur Auffrischung des Gedächtnisses. Bei Bluetooth handelt es sich um einen Standard zur Kurzdistanzübertragung von Daten per Funk, welcher bereits in den 1990er Jahren entwickelt wurde. Seit ihrer Einführung ermöglicht die Technologie die kabellose Kommunikation und Datenübertragung zwischen verschiedenen Geräten. Die Daten werden hierbei ­– ähnlich wie bei vielen anderen drahtlosen Geräten – über das ISM-Band (Industrial, Scientific and Medical-Band) zwischen 2,4-GHz- und 2,48-GHz-Band übertragen. Es wurde sich bewusst für dieses Band entschieden, um die Kosten bei der Lizensierung zu umgehen. Welche Auswirkungen das gewählte Frequenzspektrum auf die übertragbare Datenmenge und somit die verfügbare Audioqualität hat, erörtern wir später im Artikel noch einmal genauer.

Seit der Einführung 1999 hat der Standard eine Vielzahl an Versionen hinter sich. Dabei war es stets das Ziel, den Ansprüchen der Zeit zu genügen. Ein besonderes Augenmerk lag dabei auf einer Verbesserung der Reichweite sowie der Übertragungsgeschwindigkeit bei verringertem Stromverbrauch. So wurden besonders beim letzten großen Sprung auf Bluetooth 5.0 viele Änderungen in diese Richtung implementiert. Bereits im Jahr 2019 von der Bluetooth Special Interest Group (SIG) vorgestellt, befinden wir uns seit dem Jahr 2020, was Bluetooth angeht, in Version 5.2. Dieser Version zu Grunde liegt ein neuer Codec namens “Low Complexity Communications” (LC3). Doch nochmal zurück – Codec, was war das noch gleich?

Überblick zu Bluetooth Codecs

Zwar sind wir in dem anfangs erwähnten Artikel zum Thema bereits kurz darauf eingegangen, doch erscheint es uns bei diesem doch recht vielschichtigen Themenkomplex sinnvoll, noch einmal zu erörtern, wovon hier eigentlich genau die Rede ist. Unter besagtem Artikel wurde von einem unserer Leser zu Recht bemerkt, dass es sich bei Bluetooth um einen verlustbehafteten Standard handele, ergo Bluetooth mit „High End“ nichts zu tun habe. Aber was heißt das genau? Bei der Übermittlung von Audiodaten von Sender zu Empfänger hat die Datengröße einen bedeutenden Einfluss auf die benötigte Bandbreite. Derzeit findet die Datenübertragung bei Bluetooth, wie zu Beginn erwähnt, über das ISM-Band mit einer Bandbreite von 2,4-GHz- und 2,48-GHz statt. Die Bandbreite lässt sich, bildlich erklärt, wie die Breite einer Autobahn vorstellen. Das Verkehrsaufkommen stellt in unserem Beispiel die Dateigröße dar. Genau wie es auf einer zu schmalen Autobahn bei viel Verkehr schnell zu Stau kommt, verhält es sich auch bei der kabellosen Übertragung von Musik. Verlustfreie Audioformate wie WAV und AIFF verfügen zwar über eine höhere Klangqualität, benötigen gleichzeitig aber auch deutlich mehr Speicher als zum Beispiel eine verlustbehaftete MP3-Datei. Würden die unkomprimierten Dateien jetzt einfach so wie sie sind per Bluetooth versendet werden, käme es aufgrund der hohen Datenmenge zu einem Datenstau. Dieser hätte unter anderem Stottern und einen generellen Verlust an Klangqualität zur Folge. Um genau das zu verhindern, wurden über die Jahre verschiedene Algorithmen entwickelt, welche die vom Sender zu übermittelnde Datei zunächst in ein komprimiertes Format kodieren und dann vom Empfänger in eine abspielbare Audiodatei dekodiert wird. Beim Kodierungsprozess wird die Datenrate verringert, was grundsätzlich einen Qualitätsverlust mit sich bringt. Dabei ist es wichtig, dass sowohl Sender als auch Empfänger denselben, als Codec bezeichneten, Algorithmus unterstützen. Bekannte Codecs sind unter anderem SBC, AAC, aptX und LDAC.

SBC

Als fester Bestandteil des Advanced Audio Distribution Profils (A2DP) wurde SBC als erster Bluetooth Codec eingeführt. Der energieeffiziente Codec verfügt über eine variable Bitrate, wodurch er sehr flexibel ist, die Ausgabequalität jedoch leider gleichzeitig etwas unvorhersehbar sein kann. Theoretisch erlaubt SBC Bitraten bis zu 345 kBit/s bei Abtastraten von maximal 48kHz bei 16 Bit. AAC ist mit jedem Bluetooth fähigen Gerät kompatibel und findet bis heute Verwendung. Besonders dann, wenn es zu Kopplungsproblemen bei der Verwendung anderer Codecs kommt. Da es sich um ein Public Domain-Codec handelt, ist die Verwendung im Kontext von Bluetooth kostenfrei. Für Spiel- oder Streamingsessions eignet sich der Codec aufgrund hoher Latenzzeiten leider eher weniger.

AAC

Bei AAC (Advanced Audio Coding) handelt es sich ebenfalls um einen verlustbehafteten Kompressionsalgorithmus, wenngleich – wie der Name erahnen lässt – um einen besseren als SBC. Die Bezeichnung AAC bezieht sich tatsächlich auf den Audiotyp, welcher nach der Dekodierung wiedergegeben wird. Verglichen mit einer MP3 Datei, stellt AAC bei denselben Kompressionseinstellungen eine höhere Audioqualität bereit. AAC unterstützt 44,1kHz/24-bit Audiodateien und Bitraten bis zu 320kBit/s; dies allerdings zum Preis eines deutlich höheren Energieverbrauchs. Zudem handelt es sich bei der Art und Weise der Kodierung um eine sehr aggressive Form der psychoakustischen Kompression. Indem Bereiche innerhalb der Musik ausgelassen werden, die vermutlich nicht gehört werden würden, kann bei AAC die Datenmenge verringert werden. Doch leider meint der Algorithmus es manchmal etwas zu gut und schneidet hier und da zu viel weg, was einen Verlust an Details zur Folge hat. Auch wenn AAC fortschrittlicher als SBC ist, macht der Codec deshalb leider immer noch keine perfekte Figur. Auch wenn der Codec standardmäßig bei sämtlichen Applegeräten voreingestellt ist, gehört AAC dem kalifornischen Unternehmen nicht. Der Codec ist nicht gemeinfrei, weshalb Firmen die Patentrechtinhabenden bezahlen müssen, um es in ihre Technologie zu implementieren. Zudem steigt und fällt die Audioqualität extrem in Abhängigkeit zum Hersteller. Generell lässt sich sagen, dass iOS-Geräte mit dem Codec am besten umgehen können. Bei anderen Herstellern lassen sich teilweise besorgniserregende Abfälle bereits ab 14kHz feststellen.

So richtig nach High-End klingt das alles bisher leider immer noch nicht. Die Aussage unter unserem älteren Beitrag steht also noch, oder? Besonders in den letzten Jahren wurde die Nachfrage in Bezug auf Bluetooth-Geräte immer größer. Auch wir bei HiFi im Hinterhof führen schon lange Bluetooth Kopfhörer in unserem Sortiment und haben erst letztens unser neues Wireless-Studio eingeweiht. In den letzten Jahren hat sich, der Nachfrage entsprechend, in Sachen HiFi-Bluetooth bereits einiges getan: Worum es sich dabei handelt, wollen wir Ihnen nicht vorenthalten. Gleichzeitig versuchen wir der Antwort auf die Frage, ob denn Bluetooth auch “High End” könne, ein Stückchen näher zu kommen.

aptX

Sollten Sie sich in der Vergangenheit selbst einmal auf die Recherche zu dem Thema begeben haben, sind Sie unweigerlich nicht an aptX vorbeigekommen. Wenn von aptX die Rede ist, spricht man in der Regel von einer ganzen Familie von Codecs, welche der Firma Qualcomm Technologie zuzuschreiben sind. Die Abkürzung aptX steht für “Audio Processing Technology”. Die älteste Version von aptX mit demselben Namen gibt es übrigens schon länger als Bluetooth. Doch erst mit Veröffentlichung von Sennheisers erstem aptX-kompatiblem Bluetooth-Headset im Jahr 2009 fand aptX als Alternative zu SBC Einzug in den Kopfhörer Markt. AptX kommt, genau wie SBC, noch bis heute in einer Vielzahl drahtloser Geräte zum Einsatz. Beim Prozess der Datenkompression handelt es sich bei aptX jedoch um einen völlig anderen als bei SBC und AAC. Anstelle einer psychoakustischen Analyse des Audiomaterials tritt die Adaptive Differential Pulse Code Modulation (ADPCM) zur Reduzierung der Bitrate. Dabei wird anstatt “unwichtige” Frequenzbereiche einfach komplett zu vernachlässigen versucht, die Gesamtheit aller Frequenzen der Datei abzubilden. HiFi? – wir werden sehen. Seit der ersten Version brachte Qualcomm bis 2022 insgesamt sechs weitere aptX-Versionen auf den Markt: aptX Low Latency, Enhanced aptX, aptX Live, aptX HD sowie aptX Adaptive und aptX Lossless. Bei jeder einzelnen Version liegt der Fokus auf einer bestimmten Herausforderung innerhalb der Audioindustrie. Beispielsweise liegt der Schwerpunkt bei aptX Low Latency ­– dem Codec der aptX Familie mit der niedrigsten Bitrate – auf einer Minimierung der Latenz. Spannend insbesondere für Streaminganwendungen und Computerspiele, genauso wie Ton- und MIDI-Signale von Musikinstrumenten und Controllern.

Genauer wollen wir dieser Stelle trotzdem nur auf aptX HD, aptX Adaptive und aptX Lossless eingehen, da sie im Zusammenhang mit der hochfidelen Musikwiedergabe die entscheidendsten Rollen spielen. Der aptX HD-Codec wurde tatsächlich speziell zur Kodierung von Audiodateien entwickelt. Dabei wird im Gegensatz zu aptX LL zum Preis einer höheren Bitrate von 576 kBit/s hier bewusst mehr Latenz in Kauf genommen. Somit können hochauflösende Audio-Signale mit Abtastraten von bis zu 48 kHz bei einer Bittiefe von 24 Bit (besser als CD-Qualität) kodiert und enkodiert werden. Die Audioqualität der Kodierung kommt hier nahezu verlustfrei an die Qualität des Originals mit den gleichen Spezifikationen heran. Außerdem hat sie einen größeren Signal-Rauschabstand als beispielsweise aptX oder aptx LL.

AptX Adaptive vereint die Vorteile von aptX LL und aptX HD in einem einzigen, hocheffizienten Wunder-Codec. Indem die Bitrate automatisch an die Art der Inhalte zwischen 279 kBit/s und 420 kBit/s angepasst wird, können sowohl die niedrigen Latenzzeiten von aptX LL als auch die nahezu perfekte Audioqualität von aptx HD erreicht werden. AptX Adaptive unterstützt hochauflösende Audiodateien bis zu 96 kHz bei 24-bit. Außerdem zeichnet sich der Codec durch dessen Abwärtskompatibilität mit aptX und aptX HD aus. In Sachen Klangqualität scheint aptX Adaptive also definitiv schon Ansprüche in Richtung “High End” zu stellen. Apple verzichtet bei den eigenen Produkten im Übrigen völlig auf die Kompatibilität mit aptX. Zwar kommt die Codec-Familie nicht lizenzfrei daher, dafür ist der Preis für die Rechte, gerade auf Apples Gesamtumsatz gesehen, schlichtweg unbedeutend, als dass es gerechtfertigt wäre, diesen flexiblen Codec der eigenen Kundschaft vorzubehalten.

LDAC

Gleiches gilt im Übrigen für LDAC. Bei dem firmeneigenen Codec des Herstellers Sony handelt es sich zum jetzigen Zeitpunkt aus all den bis hier besprochenen Audiocodecs um den mit den besten Aussichten die Frage, ob Bluetooth nun etwas mit „High End“ zu tun habe oder nicht, mit „ja“ zu beantworten. Doch erstmal halblang – ganz so einfach ist es dann auch wieder nicht. LDAC ist bei vollem Potential in der Lage mit bis zu 990 kBit/s zu streamen, wobei es sich um Audiodateien mit einer Samplingrate von 96 kHz bei 24 Bit handelt. Das ist auf jeden Fall High-Res. Allerdings wie gesagt nur bei vollem Potential. Je nach Signalstärke springt LDAC zwischen festen Bitraten von 330, 660 und 990 kBit/s. Das bedeutet also, dass die verfügbare Bitrate automatisch runtergeschraubt wird, sobald Interferenzen auftreten. Im besten Fall ist die Bitrate also gut dreimal so groß wie die von SBC und damit auch die audiophilste. Gleichzeitig kann es je nach Übertragungslage auch sein, dass sie schlechter ist als vom klassischen aptX. Trotzdem ist LDAC selbst unter Verwendung der mittleren Bitrate immer noch leistungsstärker als aptX HD. Aufgrund dieser enormen Schwankungen handelt es sich bei LDAC leider um keinen allzu zuverlässigen Codec. Dem hinzu kommen außerdem weitere Anforderungen, die eine feste Implementierung in möglichst viele Geräte bisher leider noch erschweren. Zunächst bedarf es einer Lizenzvereinbarung mit Sony. Gerade für konkurrierende Hersteller derselben Branchen stellt dies wohl das größte Hindernis dar, sich zum einen auf diesen Codec einzulassen und gleichzeitig die eigene Hardware hingehend der Kompatibilität mit LDAC zu optimieren. Außerdem müssen sowohl das sendende als auch das empfangende Gerät mit dem Codec kompatibel und in der Lage sein, mit der großen Bandbreite der Daten zurechtzukommen.

aptX Lossless

Mit der Einführung von aptX Lossless im September 2021 erscheint ein weiterer Mitspieler auf dem Feld der Oberklasse-Codecs und die Möglichkeit von verlustfreiem Streamen via Bluetooth rückt wieder ein Stückchen näher. AptX Lossless verspricht mit einer Datenrate bis über 1 mBit/s die verlustfreie Übertragung von Daten auf CD-Qualität. Höhere Auflösungen mit 24-Bit und einer Abtastrate von 96 kHz können zwar auch übertragen werden, dann allerdings nicht verlustfrei, also nicht als Bit für Bit genaue Kopie. Der Codec beruht auf aptX Adaptive und ist dementsprechend ebenfalls dynamisch. Bei schlechter Verbindung kann die Übertragungsrate bis auf 140 kBit/s herunterskaliert werden. Laut Qualcomm sollen Geräte automatisch je nach Inhalt und Verbindungsqualität den am besten geeigneten Übertragungsweg erkennen, dieser soll je nach Gerät aber auch manuell wählbar sein können. So oder so wird zur Nutzung des Standards vorausgesetzt, dass Sender und Empfänger den Codec unterstützen. Bisher hat Qualcomm aptX Lossless nur einigen wenigen Unternehmen verfügbar gemacht. Bis der Codec dann wirklich in Endgeräten landet, heißt es wohl erst einmal noch abwarten.

HiFi und High End

An dieser Stelle kommt jedoch unweigerlich eine neue Frage auf: Ist HiFi gleich “High End”? Bei HiFi handelt es sich tatsächlich um einen festgelegten Qualitätsstandard in der Tontechnik, welcher durch die EN 61305 festgelegt wird und sich auf die vollständige Wiedergabe des vom Menschen hörbaren Bereichs bezieht. Allerdings nimmt diese auf dem HiFi-Markt keine qualitätsbestimmende Rolle mehr ein. Es wird einfach von vorne herein vorausgesetzt, dass Geräte dieser Branche diese Anforderungen erfüllen, wenn nicht sogar übertreffen. Wo wir bei “High End” wären. Diese Bezeichnung lässt sich auf verschiedene Weise interpretieren, da es keine allgemein festgelegte Definition des Begriffs gibt und er nicht ausschließlich im Bereich der Audiotechnik auftaucht. Einerseits bezeichnet er, bezogen auf Audiotechnik, eine Komponente, die sich im Vergleich zu anderen ähnlicher Bauart abhebt und sich somit am oberen Ende des technisch Machbaren befindet. Es handelt sich deshalb um eine sehr relative Beschreibung, denn schließlich kann das, was heute als “High End” bezeichnet werden könnte, schon nach einem Jahr Schnee von gestern sein. Andererseits kann das Gütesiegel, zynisch gesprochen, auch einfach als Grund genutzt werden, die eigenen Produkte so teuer es geht zu verkaufen. Wir wollen für unsere Anwendung des Begriffes jedoch davon ausgehen, dass jener Begriff in Bezug auf Bluetooth Audio dem gleichgesetzt ist, was bei kabelgebunden Anwendungen an Datenraten bei der Übertragung möglich ist. In einem geschlossenen Versuch, also Bluetooth mit Bluetooth, ließe sich das Thema sonst schnell abschließen. In diesem Fall wäre LDAC in gewissem Maße das “High End” von Bluetooth. Doch welche Bestrebungen gibt es, Bluetooth in Sachen Vergleichbarkeit zu kabelgebunden Verbindungen auf ein Podest zu stellen? Praktisch dem tatsächlichen “High End”, also dem besten, was technisch in diesem Feld bisher möglich ist, näherzukommen? Diesbezüglich wollen wir im Folgenden gerne ein paar Ausblicke geben. Damit kommen wir erneut bei Apple an.

Die Zukunft

In einem Interview des Magazins “What Hifi” mit Gary Geaves, dem Vizepräsident des Acoustics Team von Apple und Kopf des Teams, welches zum größten Teil für Apples Audio Produkte zuständig ist, gibt dieser ein paar spannende Hinweise, worauf sich bezüglich Bluetooth in Zukunft hoffen lässt. All der intensiven Forschung, welche Geaves und sein Team nicht zuletzt im Zuge der Entwicklung der Airpods an den Tag legen zu trotz, stößt Aplle, wie viele andere Hersteller bereits vor ihnen, immer wieder an die Grenzen dessen, was Bluetooth heute erlaubt. Geaves bezeichnet Bluetooth in diesem Zusammenhang als einen “bottle-neck” (Flaschenhals), welcher qualitative Sprünge in Bezug auf die Entwicklung kabelloser Kopfhörer verhindert. An und für sich könnte Apple bereits jetzt innovative Codecs in ihre Produkte implementieren und so dem Problem entgegentreten, doch an dieser Stelle handeln sie dann doch wieder gewohnt appletypisch. Gerade in Anbetracht ihres zusätzlichen Lossless Angebots auf Apple Music und der Tatsache, dass sie inzwischen ausschließlich kabellose Kopfhörer verkaufen, steht der Hersteller aus Cupertino sich und seiner Kundschaft unnötigerweise selbst im Weg. Gerade der hochgelobte Codec LDAC könnte eine Lösung für Apples Flaschenhalsproblem darstellen. Bis der Hersteller selbst eine Lösung gefunden habt, muss die Kundschaft wie es aussieht wohl aber noch warten. Geaves und sein Team stecken derzeit entsprechend viele Ressourcen in eine Lösung des Problems. Im Interview merkte er an, es gäbe Tricks, welche die Möglichkeit böten, mehr als bisher aus der Bluetooth Technologie herauszuholen. Im speziellen spricht er davon, dass Apple schlichtweg mehr Bandbreite will. An und für sich klingt das in unseren Ohren schon einmal nach einem sehr spannenden Ansatz. Mehr Bandbreite würde ja letztendlich eine höhere Bitrate erlauben und somit auch den Transport größerer, unkomprimierter Dateien. In Bezug auf Apple Music und ALAC (Apple Lossless Audio Codec) – Apples eigener, verlustfreier Audiokomprimierungstechnologie – steht auf der Firmenwebsite bis zum jetzigen Zeitpunkt allerdings immer noch: “Bluetooth-Signale unterstützen keine verlustfreien Audiosignale.” Wir bleiben gespannt, was sich in der Richtung in der nächsten Zeit tun wird. Ob Apple aptX in ihre Produkte implementiert, wie es sich viele Fans schon seit langem wünschen, oder ob sie stattdessen ihren eigenen Plänen nachkommen, wird sich zeigen. Apple ist nur seit jeher kein Fan von proprietären Standards und ebenso wenig von Lizenzgebühren, sodass wir erstere Alternative ausschließen würden. Alternativ wäre ein Sprung auf Bluetooth 5.2 denkbar. Auf diese Weise könnten Applenutzer*innen künftig vom LC3 Audio-Codec profitieren. Tatsächlich scheint auch die Einführung von Bluetooth mit 6 GHz Bandbreite immer realistischer. Seit dem 1. Dezember 2021 schreibt die EU-Kommission ihren Mitgliedsstaaten vor, das 6-GHz-Band von 5945 MHz bis 6425 MHz für lizenzfreie Dienste zu öffnen. Davon würde dann auf kurz oder lang auch nicht nur Apple profitieren, sondern sämtliche, mit Bluetooth kommunizierenden Geräte.

LC3

Zum jetzigen Zeitpunkt hört sich das allerdings noch etwas nach Zukunftsmusik an. Es gibt jedoch auch noch ein paar weitere Lichtblicke, die zum jetzigen Zeitpunkt etwas greifbarer erscheinen. Im Rahmen der verschiedenen Bluetooth Versionen sind wir zu Beginn des Artikels, in Bezug auf die aktuelle Bluetooth Version 5.2 und LE Audio, kurz auch auf den zugrundeliegenden Codec LC3 eingegangen. Der Low Complexity Communications Codec löst ab Bluetooth 5.2 SBC als neuer voreingestellter Codec ab und läutet damit eine neue Ära von Bluetooth ein. Als größte Neuerung wurde ein vielseitig einsetzbarer Audio Transfer mit geringem Energiebedarf in den Bluetooth Standard integriert. Bluetooth LE Audio (BLE) entstand in enger Zusammenarbeit zwischen Qualcomm Technologies und Bluetooth SIG und erweitert die Anwendungsmöglichkeiten für Bluetooth sowohl in Sachen Telefonie als auch Streaming. Unter anderem erlaubt es mehreren Wiedergabegeräten gleichzeitig Musik von einer einzelnen Quelle zu beziehen. Allerdings bedarf es bei dieser Version neben einem Update der Software ebenfalls entsprechend optimierte Hardware. Bisher sind leider nur wenige Geräte mit dem Standard ausgestattet und so heißt es an dieser Stelle wohl auch erstmal noch Geduld üben.

Schlussgedanken

Zum Schluss wollen wir selbstverständlich nochmals auf die Ausgangsbehauptung, dass Bluetooth mit HiFi, geschweige denn “High End” nichts zu tun habe, eingehen. Wie Sie ja nun wissen, gibt es eine Vielzahl an Herausforderungen, die an den Übertragungsstandard gestellt werden. Je nach Einsatzbereich und Anforderungen wurden über die Jahre verschiedene Ansätze geliefert. Verschiedene, als Codec bezeichnete Algorithmen, ermöglichen mal verschwindend geringe Latenzen, mal die Übertragung von bis zu über 1 mBit/s. Soweit man „High End“, wie bereits erläutert, als Anspruch versteht, der verlustfreien Übertragung von Audiodaten einer kabelgebundenen Verbindung zu entsprechen, fällt die Realität zumindest zum jetzigen Zeitpunkt etwas ernüchternd aus. Codecs wie aptx HD, aptx Lossless und LDAC ermöglichen zwar die weitestgehend originalgetreue Übertragung auf CD-Qualität, jedoch bleiben Auflösungen darüber unter keinen Umständen unkomprimiert. Seit den rauschigen Beginnen bis heute hat sich Bluetooth jedoch deutlich weiterentwickelt und aufgrund des hohen Bedarfs rechnen wir keineswegs mit Stillstand.

Auch wenn wir nichts dagegen hätten, wenn Bluetooth Audio in Zukunft verlustfrei operierte, stellen wir uns die Frage, ob es zum jetzigen Zeitpunkt, wo es eben noch nicht der Fall ist, ein ausschlaggebendes Kauf- beziehungsweise Nicht-Kauf-Kriterium darstellt. Gerade was Bluetooth Kopfhörer angeht, spielen eine Vielzahl anderer Faktoren eine Rolle. In Anbetracht der Einsatzsituation vielleicht sogar entscheidendere. In der Regel finden Bluetooth Kopfhörer unterwegs die größte Verwendung. Wer, wenn nicht wir, könnten es besser nachvollziehen, auch unterwegs auf hohe Wiedergabequalitäten zugreifen zu wollen? Doch mal ehrlich: Für analytische Hörsessions ist im hektischen Alltag wenig Platz. Hier spielen Themen wie Noise-Cancelling, Bedienung und Optik in den meisten Fällen eine wichtigere Rolle. Für das Versinken in den vielschichtigen Klängen eines Orchesters, lässt sich zuhause nach wie vor wunderbar der kabelgebundene Hörer nehmen, während Bluetooth die Steuerung, beispielsweise des Streamers, übernimmt. Sicher ist, dass der Bluetooth-Trend auch in den kommenden Jahren nicht einfach so abebben wird. Der Standard war stets zukunftsorientiert und bereits jetzt sehen wir ernsthafte Bestrebungen verschiedener Firmen und Hersteller, ihn noch weiter vorwärts zu bringen.

Wer von Ihnen sich bereits jetzt davon überzeugen will, was mit Bluetooth zum aktuellen Zeitpunkt möglich ist, dem wollen wir einen ganz besonderen Bluetooth Kopfhörer ans Herz legen, welcher neben vielen anderen Codecs auch mit LDAC zurechtkommt. Der HiFiMAN Ananda BT benötigt theoretisch nur eine, ebenfalls mit dem Codec kompatible Quelle und schon steht dem hochfidelen, kabellosen Musikgenuss eigentlich nichts mehr im Weg. Machen Sie gerne einen direkten Vergleich und überzeugen Sie sich, in wie weit die auflösungsbedingten Unterschiede für Sie klanglich tatsächlich ins Gewicht fallen. Wir bleiben gespannt, was uns in der nächsten Zeit alles so an innovativen Ideen rund um Bluetooth erwartet. Leider können wir Ihnen zum Abschluss nicht mit absoluter Gewissheit versprechen, dass Bluetooth eines Tages genauso verlustunempfindlich überträgt wie eine Verbindung per Kabel. Doch dafür können wir Ihnen vergewissern, dass wir Sie weiterhin mit Freude über die neusten Produkte auf dem Laufenden halten werden und das nicht nur auf dem Feld Bluetooth, sondern mit allem, was das HiFi-Herz schneller schlagen lässt. Denn selbst wenn Bluetooth vielleicht noch nichts mit „High End“ zu tun hat, haben wir es ganz bestimmt.

 



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